7. Sonntag der Osterzeit

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Aktuelle Informationen aus dem Seelsorgebereich Deutz/Poll

7. Sonntag der Osterzeit
11./12.05.2024
1. Les: Apg 1,15–17.20a.c–26
2. Les: 1. Joh 4,11-16
Ev: Joh 17,6a.11b-19

Liebe Menschen in Deutz und Poll,

in den Lesungen dieses Sonntags ist am Rande immer wieder von Judas die Rede. Dabei wird betont, dass Judas, der Jesus verraten hat, damit etwas erfüllt hat, was vorherbestimmt war.

Die heutige katholische Theologie würde die Frage, ob unser Leben vorherbestimmt ist und ob wir von Gott oder, wie in Judas Fall, vom Teufel, zwingend zu einer Handlung geführt  werden, verneinen. Aus der philosophischen Entwicklung der letzten Jahrhunderte, die insbesondere auch mit dem grade wieder so präsenten Immanuel Kant verbunden ist, haben wir in der westlichen Geistesgeschichte  dem  Gedanken  der  Freiheit  immer mehr  Raum  gegeben.  Der Mensch wird für seine Handlungen als verantwortlich angesehen; das ist eine der Grundlagen unserer Gesellschaft und findet sich so z.B. im Strafrecht wieder. Theologisch gesprochen: Gott und Mensch wirken da zusammen, wo der Mensch auf Gottes Gebote hört, sich dem Bösen entgegenstellt oder sich ganz für Gott öffnet und sich ihm zur Verfügung stellt – dann kann Gott an ihm wirken und achtet dabei die menschliche Freiheit.

Die biblischen Autoren stehen da in einer anderen Tradition und verarbeiten die Erfahrung, dass Judas, der doch zum Kreis der 12 engsten Anhänger Jesu gehörte, ihn verraten hat. Die Bibel geht freier mit dem Gedanken der Vorherbestimmung  und des  Einflusses  von  guten  oder schlechten  Mächten auf  unser Handeln um und erzählt, wie „der Teufel“, die Kraft zum Bösen, Judas ins Herz gegeben hat, Jesus auszuliefern (Joh 13.2) oder wie gar Gott im Buch Exodus das Herz des Pharao  verhärtet (Ex 14,8). Nach der biblischen  Erfahrung übt Gott seinen Einfluss auf die Menschen aber auch ganz oft positiv aus: In der Sendung der Propheten, in der Rettung des historischen Volkes Israel aus den vielen  Bedrohungen durch  die  umliegenden  altorientalischen  Machthaber,  im
Wirken Jesu auf der Erde, in der Berufung des Paulus, im Gelingen-Lassen der frühen Ausbreitung der neu entstandenen Kirche –  in all dem sehen die Autoren der Bibel Gott selbst am Werk.

Wo verorten Sie sich bei der Frage, wie viel Freiheit der Mensch gegenüber dem göttlichen Willen hat? Wenn diese Frage von Firmlingen im Rahmen der Firmvorbereitung beantwortet wird, kommt dabei ein breites Spektrum an Antworten heraus.

Was ist  Ihre  Lebenserfahrung mit der  eigenen  Freiheit, aber  auch  damit, auf welche Weise Gott in unserem Leben wirkt?

Vielleicht können Sie die Erfahrung auskosten, sich manchmal im Leben zu den richtigen Menschen oder an den richtigen Ort geführt zu fühlen. Vielleicht stehen Sie stark im Bewusstsein, von Gott eben grade zur Freiheit befreit zu sein und sich in dieser Freiheit für das Gute entscheiden zu können.

Vielleicht hatten Sie die Gelegenheit der Erfahrung, die Josef seinen Brüdern zuspricht, als sie sich in Ägypten wiedertreffen und die Brüder mit seiner Hilfe die heimische Hungersnot mildern können: „Ihr habt Böses gegen mich im Sinn gehabt, Gott aber hatte dabei Gutes im Sinn.“ (Ex 50,20)

Vielleicht  kennen  Sie  die  Judas-Darstellung  auf  dem Kapitell  einer  Säule  in Vézelay/ Frankreich, wo Jesus den Judas nach seinem Suizid auf den Schultern trägt, so, wie es sonst der gute Hirte mit dem Schaf macht. Auch wenn Judas zuletzt ganz stark unter dem Einfluss des Bösen stand: Das Gute ist stärker. Die Auferstehung überwindet den Tod und das Böse. Jesus gibt Judas nicht auf. Er trägt ihn zurück in die Einfluss-Sphäre der guten, lebensspendenden Kraft Gottes.

Verlieren wir nicht den Glauben daran, dass das Gute stärker ist als das Böse und dass es sich lohnt, mit Gott zusammen für das Gute einzustehen!

Maria Schwarz, Pastoralreferentin