4. Fastensonntag

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Aktuelle Informationen aus dem Seelsorgebereich Deutz/Poll

4. Fastensonntag (Laetare)
29./30.03.2025
1. Les: Jos 5,9a.10-12
2. Les: 2 Kor 5,17-21
Ev: Lk 15,1-3.11-32

4. Fastensonntag – Über allgemeine Fastenregeln hinaus

Gedanken zum Thema Fasten von einer alten Dame, eine Woche vor ihrem 100. Geburtstag. Ein langes Leben als Krankenschwester liegt hinter ihr, mit Ausbildungsjahren mitten im Krieg. Auf die Frage, was Fasten für sie bedeutet, war die spontane Antwort, es hat nicht zuerst mit Essen zu tun. Dann überlegte sie, bei welchen Dinge es dafür aber sinnvoll sein könnte. Zum Beispiel bei der Zeit vor dem Fernsehgerät. Wobei das für sie, angewiesen auf einen Rollstuhl, die Tage in einem Pflegeheim um vieles interessanter macht. Und bestimmt auch dazu beiträgt, dass ihr Geist sehr klar und ihr Gedächtnis über die Geschichte sehr prägnant ist.

Eine große Bereicherung sind die zwei Heiligen Messen für sie, die verschiedene Priester der Stadt dankenswerter Weise jede Woche in der Hauskapelle mit den Bewohnern feiern. Sie bringen Impulse zum Nachdenken über die, für sie schon so oft wieder-gekehrten, kirchlichen Feste. Wenn man die ersten wenig bewussten 5 Jahre der Kindheit abrechnet, sind es immer noch 95 mal Ostern und Weihnachten, die sie gefeiert hat.

Sie muss sich über allgemeine Fastenregeln bestimmt keine Gedanken mehr machen, denn ihr Leben ist zum Teil ein ganz großer Verzicht, wie: 

Nicht mehr ohne Hilfe auch nur einen Meter gehen zu können, wo sie in der Jugend so begeistert Tennis gespielt hat. Warten zu müssen, ob sie jemand besucht, da die Kinder weit weg wohnen und viele Freundinnen gestorben sind. Musik und Vogellieder zu vermissen, da die Ohren nicht mehr gut hören und das geliebte Hobby Lesen, wegen Problemen mit den Augen. Da sie aber all diese Begrenzungen eines selbstbestimmten Lebens mit so großer Würde und Humor trägt, scheint es mir ein wirkliches Fasten nach dem Willen und zur Freude Gottes zu sein. Sie verzichtet auch das ganze Jahr auf Unfreundlichkeit dem Heimpersonal gegenüber, auf das Jammern über das Essen oder auf Schimpfen auf die heutige Jugend.

Sie fastet unglückliche Gedanken und daher geht jeder ihrer Besucher mit leichterem Herzen und einem großen Vorbild nach Hause.

Pfarrer Dr. Andreas Mersch